Ist das Binnenschiff der umweltfreundlichste Verkehrsträger?

Wenn ich behaupte, das die Binnenschifffahrt der umweltfreundlichste Verkehrsträger ist, dann werden viele Menschen mit dem Kopf schütteln.
In diesem Blogbeitrag möchte ich Dich davon überzeugen, dass dem so ist.

Nebel und Morgensonne vom Schiff aus gesehen

Nebel und Morgensonne vom Schiff aus gesehen

Binnenschiffe haben in der Öffentlichkeit beim Thema Umweltfreundlichkeit einen sehr schlechten Ruf.
Dafür gibt es folgende Gründe:

  1. Schiffe fahren mit Diesel und das wird auch so bleiben. Es wird zwar an alternativen Antriebsmitteln geforscht, das ist aber noch nicht für die Masse anwendbar. Da es zunehmend Dieselverbote für Autos in Großstädten gibt, wird nun auch nach den manchmal rauchenden Binnenschiffen geschielt.
  2. Früher, als sich noch niemand für die Umwelt interessiert hatte, war die Schifffahrt, genauso wie andere Industrieunternehmungen, ein dreckiges Geschäft. Es war damals normal das ölige Bilgenwasser, ebenso wie andere Abfälle die an Bord so anfallen, einfach in den Fluss zu kippen. Der Überlauf von schädlichen Stoffen war ein kleines Malheur, aber wurde nicht groß beachtet.
  3. Die Binnenschifffahrt hat in Deutschland keine große Lobby.

Wie steht es wirklich um die Binnenschifffahrt?

Die Wahrheit sieht heute anders aus:

  1. Ja, Schiffe fahren mit Diesel. Allerdings ist der Verbrauch eines Binnenschiffs sehr viel geringer als der eines LKWs.
    Jetzt schreien manche, "Halt, das kann gar nicht sein, ein Binnenschiff verbraucht doch viel mehr Kraftstoff als ein LKW."
    Das ist richtig. EIN Binnenschiff verbraucht mehr als EIN LKW. Was manche außer Acht lassen, ist der Fakt, dass ein Binnenschiff viel mehr Ladung als ein LKW transportiert. Um den Verbrauch von Binnenschiff und LKW zu vergleichen muss man pro Tonne Ladung die mitgeführt wird rechnen, um einen wissenschaftlich, validen Vergleich zu bekommen.
    Bei dem Vergleich liegt das Binnenschiff nämlich weit vor einem LKW und auch vor der Bahn. Der CO2-Ausstoß eines Schiffes in Gramm pro Tonnenkilometer betraegt 33,4 Gramm, waehrend die Bahn 48,1 Gramm verursacht und der LKW ganze 164 Gramm. (Quelle: wsv.de) Je größer das Schiff ist, umso grösser wird die Kraftstoffeinsparung des Schiffes. Deswegen bauen Reedereien ja auch immer größere Schiffe, um den Kraftstoffverbrauch zu senken.
    Der Ruß der sich beim Verbrennen des Dieselkraftstoffs bildet, wird auf modernen Schiffen mit Rußpartikelfiltern abgefangen.
    Binnenschiffe können allerdings bei guter Pflege 100 Jahre alt werden. Bei alten Schiffen gibt es teilweise noch keine Rußpartikelfilter, da es kostspielig ist diese einzubauen oder es gar nicht möglich ist.
  2. Mittlerweile ist es bei Strafe verboten Bilgenwasser oder Müll in den Fluss einzuleiten. Auf jedem Schiff gibt es ein Ölkontrollbuch, in welchem erfasst wird, wann die Bilge das letzte Mal von einem Bilgenentöler ausgesaugt wurde.
    Bilgenentöler sind spezielle Boote. Sie sind gut erkennbar an ihrer knallgelben Farbe und ihrer Flagge: einem schwarzen Kreis auf gelbem Grund. Ich habe selbst ein paar Monate auf dem Bilgenentöler in Datteln gearbeitet.
    Wenn die Bilge eines Schiffes zu voll wird, dann ruft der Schiffsführer das Bilgenboot bei der nächsten Möglichkeit. Dieses kommt dann und legt sich auf die Seite des Schiffes. Mit einem langen Schlauch wird das Bilgenwasser aus dem Maschinenraum und aus dem Bugstrahlraum gepumpt.
    Auch ölhaltige Putzlappen, Filter und leere Kanister kann man beim Bilgenboot abgeben. Im Bilgenboot gibt es ein System, welches das ölige Wasser über Nacht mehrmals filtert. Am Ende kommt sauberes Wasser heraus, welches in den Fluss geleitet wird. Der ölige Rest wird später fachgerecht entsorgt.
    Gelegentlich kommt die Wasserschutzpolizei an Bord von Schiffen und kontrolliert, neben den anderen Papieren, auch das Ölkontrollbuch. Darüber wird bewiesen, dass die Bilge regelmäßig ausgesaugt wurde.
    Auch beim Laden und Löschen muss darauf geachtet werden, das keine schädlichen Stoffe über Bord gehen. So müssen auf Tankschiffen vor Umschlagbeginn alle Wasserabläufe mit Stopfen verschlossen sein, damit bei einem Überlauf kein Produkt ins Wasser gelangt.
  3. Die Binnenschifffahrt hat immer noch keine große Lobby in Deutschland. Die Lobbys für die Bahn und die Autoindustrie sind stark in Deutschland. Sie schaffen es ihre Verkehrsträger in der Öffentlichkeit immer wieder ins rechte Licht zu rücken. Der Binnenschifffahrt fehlt diese Lobby, so das sie ein leichtes Ziel ist, wenn es darum geht, den Schwarzen Peter von sich wegzuschieben.

Das Problem mit dem Müll

Die korrekte Müllentsorgung wird auf einem Binnenschiff in Deutschland zu einem Problem. Während man Hausmüll noch ganz gut los wird, gibt es für ölhaltige Abfälle nur wenige Annahmestellen und für leere Farbdosen, Chemikalienreste oder große Elektrogeräte so gut wie keine. Das sammelt sich dann an Bord, nimmt Platz weg, der besser genutzt werden könnte und keiner weiß wohin damit. Besonders leere Farbdosen türmen sich irgendwann in einer Ecke, denn die nimmt selbst der Bilgenentöler nicht an. (obwohl das sehr sinnvoll wäre)

In den Niederlanden und Belgien ist das besser gelöst. Es ist also nicht so, das da nichts getan werden könnte. So gibt es im Hafen Antwerpen eine Abgabestelle, an der man schön beilegen kann und alles an Müll loswerden kann. Es wird dort getrennt in Containern gesammelt. Ob alte Farbdosen, leere Benzinkanister, Pappkartons oder alten Elektroschrott, man kann dort alles abgeben. Die Abgabestelle liegt auf dem Weg, man muss also keinen extra Umweg fahren und es ist Personal vor Ort, das beim Einsortieren in die richtigen Container hilft. So eine Stelle gibt es in Deutschland nirgendwo.

Neue Entwicklungen

Es wird an neuen Schiffsantrieben geforscht. Zum einen werden Schiffe immer effizienter im Verbrauch gemacht. Diesel kostet Geld und alleine deswegen sind Reedereien darauf aus, ihre Schiffe so effizient wie möglich zu machen.
Komplett neue Antriebsarten werden erprobt, so gibt es mittlerweile einige Schiffe, die mit Erdgas fahren. Diese sogenannten LNG-Schiffe bringen neue Herausforderungen mit sich. Alle Geräte, die während dem betanken mit Gas im Außenbereich sind, müssen Ex-geschützt sein. Es bietet sich am ehesten für Tankschiffe an, auf denen ohnehin schon hohe Sicherheitsstandards herrschen.
Zum anderen wird mehr darauf geachtet, das die Umwelt im Regelbetrieb so wenig wie möglich belastet wird. Auch bei der Patentprüfung wird umweltgerechtes Verhalten abgefragt. Die Strafen für umweltschädliches Verhalten sind sehr hoch.

Fazit

Das moderne Binnenschiff ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel für den Transport von Massengütern in Deutschland.
Es gibt enorme Fortschritte, bei der Abgasreinigung, bei dem generellen Verbrauch und bei dem Umweltbewusstsein der Besatzungen.
Ein paar Dinge, die mit staatlicher Unterstützung leicht umgesetzt werden könnten, sollten in Angriff genommen werden:

  • Mehr finanzielle Förderung beim Umbau alter Schiffe, sodass diese umweltschonender betrieben werden können.
  • Einrichtung von Sondermüllabgabestellen für die Schifffahrt, z. B. im Hafen Duisburg.
  • Landstrom an Anlegestellen, sodass nachts nicht der Stromgenerator an Bord laufen muss.

Ich hoffe Du hast immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel.
Die Binnenschifferin

Veröffentlicht am 22.09.2019 | Stichwörter: Umwelt, Binnenschifffahrt | Teile den Beitrag: