Schifffahrtskanäle

Die künstlich angelegten Schifffahrtskanäle machen in Deutschland einen Teil der schiffbaren Binnenwasserstraßen aus. Schiffe nutzen diese Kanäle, um ihre Fracht von einem Ort zum anderen zu bringen.

Schifffahrt durch einen Kanal

Schifffahrt durch einen Kanal

Unterschiede bei der Fahrt in einem Kanal versus einem Fluss

Im Gegensatz zu Flüssen fließt das Wasser in den Kanälen höchstens minimal in eine Richtung. Das Wasser in den Kanälen kommt meistens aus angrenzenden Flüssen und muss zum Teil aktiv in die Kanäle gepumpt werden, um einen konstanten Wasserstand zu halten. Deswegen sind Bergfahrt und Talfahrt nicht immer offensichtlich, man kann es kaum an der Fließrichtung, wenn es denn eine gibt, festmachen. Um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen werden die Richtung der Bergfahrt, bzw. Talfahrt für den jeweiligen Kanal vorgegeben.

Meistens sind die Schifffahrtskanäle viel schmaler, als Flüsse. Mehr als zwei fahrende Schiffe passen normalerweise nicht nebeneinander. Liegende Schiffe, Hafenbetrieb und Baustellen engen den eh schon schmalen Kanal noch mehr ein.

Die Geschwindigkeit ist begrenzt, in Deutschland darf man je nach Kanal und Abladetiefe des Schiffes zwischen maximal 8 km/h bis 12 km/h fahren. Durch den geradlinigen Bau eines Kanals und der geraden, meist mit Spundwänden und Steinböschung eingefassten Ufer, schwappt das Wasser schnell auf. Durch die langsamere Fahrt sollen die Uferanlagen geschützt werden.

Wie gesagt, gibt es kaum ein Gefälle innerhalb einer Kanalhaltung. Höhenunterschiede werden üblicherweise mittels Schleusen überwunden. Die Maße der Schleusen geben meistens auch vor, was die Höchstmaße von den Schiffen in dem jeweiligen Kanal sein können. Über die Schleusen habe ich einen eigenen Artikel geschrieben.

Die Brücken in den Kanälen sind ein ganzes Stück niedriger als auf dem Rhein. Die niedrigsten Brücken bestimmen mit, wie hoch ein Schiff im Kanal aus dem Wasser ragen darf. Dazu gibt es zahlreiche Sperrtore in den Kanälen, die im Falle eines Dammbruchs heruntergefahren werden können, um das Auslaufen des kompletten Kanals zu verhindern. Auch diese Sperrtore sind nicht gerade hoch gebaut.
Die meisten Binnenschiffe haben ein herunter fahrbares Steuerhaus, denn das Steuerhaus ist üblicherweise am höchsten auf dem Schiff, um eine gute Sicht zu haben. Aber auch der Radarmast, an dem unter anderem Radargerät, Beleuchtung und Flaggen vorne befestigt sind, kann meist herunter gefahren werden. Hohe Schornsteine und Flaggenmasten müssen meist per Hand umgelegt werden, bevor es in den Kanal geht.
Wenn man leer in einem Kanal fährt, dann muss man Ballastwasser in die dafür vorgesehenen Ballasttanks des Schiffes lassen, um es tief genug ins Wasser einsinken zu lassen. Somit können die niedrigen Brücken durchfahren werden.

Das deutsche Kanalnetz

Die schiffbaren Kanäle machen in Deutschland einen erheblichen Teil der deutschen Wasserstraßen aus. Vor allem als Ost-West-Verbindung kommt ihnen eine wichtige Rolle zu.

Grob kann man die Kanäle unterteilen in

  • das Westdeutsche Kanalnetz
  • den Nord-Ostsee-Kanal
  • den Main-Donau-Kanal
  • die Berliner und Märkische Wasserstraßen

Das Westdeutsche Kanalnetz

Das Westdeutsche Kanalnetz bezeichnet die Kanäle, welche das Einzugsgebiet des Rheins, mit denen der Weser und Elbe verbinden. Die drei großen Flüsse durchlaufen Deutschland mehr oder weniger von Süd nach Nord. Die Kanäle erschaffen eine künstliche Ost-West Verbindung zwischen den drei Flüssen und damit auch zwischen dem Ruhrgebiet und der Nord- und Ostsee, sowie der Hauptstadt Berlin.

Zu dem Westdeutschen Kanalnetz gehören:

Der Rhein-Herne-Kanal
Der Rhein-Herne-Kanal (Abkürzung: RHK) führt vom Hafenkanal in Duisburg bis zum Dotmund-Ems-Kanal bei Henrichenburg.
Der RHK ist 45,5 Kilometer lang. Die Höchstmaße für Schiffe betragen 110 Meter Länge und 11,45 Meter Breite, sowie ein Tiefgang von 2,80 Metern.
Einige größere Städte des Ruhrgebiets liegen am Rhein-Herne-Kanal: Neben Duisburg sind dies Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Recklinghausen und Herne.
Es gibt 5 Staustufen in dem Kanal, welche durch folgende Schleusen überwunden werden: die Meidericher Schleuse in Duisburg, Oberhausen, Gelsenkrichen, Wanne-Eickel und die Schleuse Herne-Ost. Die meisten davon sind Schleusengruppen, doch oft ist nur eine davon im Betrieb.
Bei Duisburg gibt es oberhalb der Meidericher Schleuse einen Durchstich zu der Wasserstraße Ruhr, welche über die Ruhrschleuse ebenfalls in den Rhein mündet. Die Talfahrt fährt im RHK Richtung Rhein.
Wesel-Datteln-Kanal
Der Wesel-Datteln-Kanal (Abkürzung: WDK) fängt bei Wesel am Rhein an und führt zum Wasserstraßenkreuz Datteln.
Der WDK ist 60 Kilometer lang. Höchstlänge für einzelfahrende Schiffe sind 135 Meter, für Koppelverbände bis zu 186,5 Meter, die maximale Breite beträgt 11,45 Meter und der maximale Tiefgang liegt bei 2,80 Meter.
Bekanntere Städte am Wesel-Datteln-Kanal sind Wesel, Dorsten und Datteln.
Im WDK gibt es 6 Staustufen, welche durch folgende Schleusen überwunden werden: Friedrichsfeld, Hünxe, Dorsten, Flaesheim, Ahsen und Datteln. Die Talfahrt fährt im WDK in Richtung Rhein.
Dortmund-Ems-Kanal
Der Dortmund-Ems-Kanal (Abkürzung: DEK) fängt bei Dortmund an und läuft nach Norden, bis er in die Ems übergeht. Bei Datteln treffen der Rhein-Herne-Kanal und der Wesel-Datteln-Kanal auf den Dortmund-Ems-Kanal. Bei Bergeshövede zweigt der Mittellandkanal vom DEK ab und bei Dörpen der Küstenkanal. Bis Pappenburg bleibt der DEK bei seinem Namen, danach wird die Wasserstraße bis zum offenen Meer Unterems genannt.
Der DEK ist 223,45 Kilometer lang. Auf der DEK-Südstrecke, zwischen Datteln und Bergeshövede können Schiffe mit Abmessungen von 110 Meter x 11,45 Metern fahren und eine Abladetiefe von 2,50 Metern ist möglich.
Auf der DEK-Nordstrecke, nördlich von Bergeshövede, sind eine Länge von 95 Metern und eine Breite von 9,60 Metern die Höchstmaße, Abladetiefe darf hier 2,70 Meter sein.
Die einzige Schleuse auf dem Süd-Abschnitt des DEK ist bei Münster. Ab Bergeshövede gibt es noch weitere 14 Abstiegsstufen bis zum Meer. Wichtige Städe am DEK sind Dortmund, Datteln, Münster, Haren und Papenburg.
Die Talfahrt fährt im DEK Richtung Ems.
Datteln-Hamm-Kanal
Der Datteln-Hamm-Kanal (Abkürzung: DHK) führt, als Verlängerung des Wesel-Datteln-Kanals, von dem Wasserstraßenkreuz Datteln nach Schmehausen bei Hamm. Einige Kraftwerke des östlichen Ruhrgebietes werden über den Datteln-Hamm-Kanal mit Wasser und Kohle versorgt. Der DHK führt Wasser von der Lippe in das Westdeutsche Kanalnetz ein.
Der DHK ist rund 47 Kilometer lang.Auf diesem Kanal können Schiffe mit einer Abmessung von 135 Metern Länge x 11,45 Metern Breite fahren. Verbände dürfen eine Länge von 186,5 Meter haben. Maximale Abladetiefe sind 2,70 Meter.
Es gibt zwei Schleusen, eine bei Hamm und eine bei Werries.
Wichtige Städte am Datteln-Hamm-Kanal sind Luenen und Hamm.
Die Talfahrt fährt auf dem DHK in Richtung Datteln.
Mittellandkanal führt über die Weser - Wasserstraßenkreuz Minden

Mittellandkanal führt über die Weser - Wasserstraßenkreuz Minden

Mittellandkanal
Der Mittellandkanal (Abkürzung: MLK) ist die längste und wichtigste Ost-West-Verbindung in Deutschland.
Er beginnt bei Bergeshövede, wo er vom Dortmund-Ems-Kanal abzweigt und führt über 325 Kilometer bis zum Vorhafen der Schleuse Hohenwarthe, wo der MLK endet und der Elbe-Havel-Kanal beginnt. Über diesen kommt man bis nach Berlin. Durch den Elbe-Seiten-Kanal, welcher westlich der Schleuse Sülfeld abzweigt, ist eine Verbindung mit der Elbe und der Hafenstadt Hamburg gewährleistet.
Zwei große Flüsse werden vom Mittellandkanal überquert und mit diesem Verbunden. Der MLK überquert die Weser beim Wasserstraßenkreuz Minden und die Elbe bei Magdeburg.

Der Mittellandkanal wurde für die größten zugelassenen Schiffe ausgebaut. Schiffe mit 110 Metern Länge und 11,45 Meter Breite können den Kanal befahren. Auch überlange Schiffe bis 135 Meter können den Kanal und seine Schleusen nutzen. Schubverbände mit größerer Länge sind möglich.
Ein Herausforderung bei sehr langen Schiffen ist, die limitierte Breite des Kanals und damit einhergehend, wenige Wendemöglichkeiten. Selbst mit einem 105 Meter langen Schiff ist das Wenden auf einem dafür vorgesehenen Wendeplatz auf dem Mittellandkanal keine leichte Aufgabe.
Maximaler Tiefgang ist 2,80 Meter.
Die Schleusen des MLK: Anderten (ehemalige Hindenburgschleuse), Sülfeld und Hohenwarthe.
Wichtige Städte am MLK: Minden, Hannover, Wolfsburg und Magdeburg. Es gibt Stichkanäle zu den Städten Osnabrück, Salzgitter und Hildesheim.
Die Talfahrt fährt auf dem MLK in Richtung Bergeshövede.
Elbe-Seiten-Kanal
Der Elbe-Seiten-Kanal (Abkürzung: ESK) verbindet den Mittellandkanal mit der Elbe. Er verbindet Hamburg mit dem Westdeutschen Kanalnetz und damit auch mit dem Rhein. Der Kanal beginnt am Mittellandkanal bei Edesbüttel, nähe Wolfsburg und endet bei Lauenburg an der Elbe.
Der ESK ist rund 115 Kilometer lang. Einzelfahrende Schiffe mit Maßen bis 110 Metern x 11,45 Metern, sowie Schubverbände mit einer Länge von bis zu 185 Metern können den ESK befahren. Allerdings können nur Schiffe unter 100 Metern das Schiffshebewerk Scharnebeck nutzen.
Es gibt eine Schleuse bei Uelzen und ein Schiffshebewerk Scharnebeck bei Lüneburg.
Einige Städte, die am Elbe-Seiten-Kanal liegen sind Wittingen, Uelzen, Lüneburg und Artlenburg.
Der Küstenkanal
Der Küstenkanal (Abkürzung: KK) verbindet die Ems mit der Weser.
In die Unterweser mündet die Untere Hunte. Die Untere Hunte ist bis Oldenburg schiffbar. Der KK startet bei Oldenburg und führt zum Dotmund-Ems-Kanal bei Dörpen.
Die Länge des KK beträgt rund 70 Kilometer.
Der Küstenkanal ist für Schiffe bis 100 Meter Länge x 11,45 Meter Breite ausgebaut. Eine Abladetiefe von 2,50 Meter ist möglich. Schleusen gibt es jeweils bei Dörpen und bei Oldenburg.
Die Talfahrt auf dem KK fährt Richtung Oldenburg.

Der Main-Donau-Kanal

Der Main-Donau-Kanal (Abkürzung: MDK), ist eine der wichtigsten Kanäle in Europa überhaupt. Er verbindet den Rhein, über den Main, mit der Donau.
Durch den MDK ist es möglich mit einem Schiff von Rotterdam an der Nordsee bis nach Constanta am Schwarzen Meer zu fahren. Er verbindet Westeuropa mit Osteuropa und ermöglicht einen durchgängigen Waren- und Personenverkehr.
Der Kanal beginnt bei Bamberg am Main und endet bei Kelheim an der Donau. Der MDK ist 171 Kilometer lang.

Maximale Länge für Einzelfahrer auf dem MDK ist 110 Meter, mit Sondergenehmigung 135 Meter. Breite darf 11,45 Meter nicht überschreiten und Tiefgang darf höchstens 2,70 Meter sein. Schubverbände bis 185 Meter sind erlaubt.
Die maximale Höhe über dem Wasserspiegel darf 6 Meter nicht überschreiten.
In dem Main-Donau-Kanal gibt es 16 Schleusen. Darunter sind die höchsten Schleusen in Deutschland, mit einer Hubhöhe von 24,67 Metern.
Wichtige Städte am Main-Donau-Kanal sind Bamberg, Nürnberg, Erlangen, Fürth und Kelheim.
Die Talfahrt auf dem MDK fährt jeweils weg von der Schleuse Bachhausen, welche sich an der Scheitelhaltung des MDK befindet.

Der Nord-Ostsee-Kanal

Der Nord-Ostsee-Kanal (Abkürzung: NOK) verbindet, wie der Name schon sagt, die Nordsee mit der Ostsee. Dieser Kanal wird auch von großen Seeschiffen als Abkürzung benutzt. Es ist eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen der Welt. Im Jahr 2012 haben 34.879 Schiffe den NOK durchfahren. International wird der NOK auch Kiel Canal genannt.

Auf dem Nord-Ostsee-Kanal gilt die Seeschifffahrtsstraßenordnung, wobei es einige spezielle Regeln nur für diesen Kanal gibt. Schiffe werden in Verkehrsgruppen eingeteilt und bestimmte Verkehrsgruppen dürfen nur zu bestimmten Zeiten fahren, auch das Begegnen, Überholen und Liegen der verschiedenen Verkehrsgruppen wird geregelt. Höchstgeschwindigkeit auf dem NOK sind 15 km/h. Er beginnt in der Kieler-Förde an der Ostsee und führt westlich nach Brunsbüttel in die Unterelbe, welche in die Nordsee mündet. Der Kanal ist knapp 100 Kilometer lang.

Es gibt jeweils in Kiel-Holtenau und in Brunsbüttel Schleusengruppen, welche verhindern, das die Gezeiten den Wasserstand in dem Kanal bestimmen. Jene Schleusengruppen bestehen aus jeweils zwei großen Schleusen und zwei kleinen Schleusen. Die kleineren Schleusen, eher für die Binnenschifffahrt gedacht, verfügen über eine Länge von 125 Metern und eine Breite von 22 Metern. Die großen Schleusen für die Seeschifffahrt verfügen über eine Länge von 310 Metern und eine Breite von 410 Metern. Das Wasser im Kanal ist 11 Meter tief.

Die Berliner und Märkische Wasserstraßen

Die Berliner und Märkische Wasserstraßen sind ein Netzwerk von Flüssen und Kanälen rund um Berlin. Einige Seen sind darin eingebunden, sowie die Flüsse Spree, Havel und Dahme. In dem Netzwerk sind ca. 400 Kilometer Wasserstraßen enthalten.
Der Elbe-Havel-Kanal ist eine Verlängerung des Mittellandkanals und führt die Schifffahrt zur Havel, über welche sie in die Berliner Häfen gelangt.
Auf dem Gebiet der Berliner und Märkische Wasserstraßen befinden sich 17 Schleusengruppen.
Über die Havel-Oder-Wasserstraße und die Spree-Oder-Wasserstraße ist die Oder an Berlin und das Westdeutsche Kanalsystem angebunden. Über die Oder wird Osteuropa angebunden.

Einzigartige Bauwerke die dringend Sanierung brauchen

Die Schifffahrtskanäle in Deutschland sind wichtige Wasserstraßen, die künstlich erschaffen wurden, um neue Verbindungen zwischen den Städten Deutschlands und Europas herzustellen. Den teils einzigartigen Bauwerken kommt eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu. Aber auch die Freizeitschifffahrt findet ihren Platz in den Kanälen.

Leider werden die Kanäle in Deutschland etwas vernachlässigt. Der Ausbau dauert Jahre, Schleusen sind marode und fallen öfters mal aus. Selbst die Schleusen an dem international so wichtigen Nord-Ostsee-Kanal müssten dringend saniert werden, um Ausfälle zu verhindern. Im Dotmund-Ems-Kanal gibt es Schleusen in welchen die Poller nicht mehr zum Festmachen benutzt werden dürfen, da sie drohen aus der Wand zu fallen. Hier merkt man das die Binnenschifffahrt als Verkehrsträger in Deutschland zu wenig Beachtung findet.
Es gibt ambitionierte Bauprojekte, aber bis zur Vollendung vergehen oft Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Dass muss nicht sein, denn wenn man nach Holland blickt, sieht man wie Brücken und ganze neue Schleusen innerhalb von wenigen Jahren saniert oder fertig gebaut werden.


Das war es erst mal zu dem Thema Schifffahrtskanäle. Es gäbe sicher noch mehr zu schreiben, doch der Beitrag hat jetzt schon eine beachtliche Länge bekommen. Ich hoffe es war interessant zu lesen!

Ich wünsche Dir immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!
Die Binnenschifferin

Veröffentlicht am 7.12.2018 | Stichwörter: Kanalfahrt, Wasserstraßenkunde | Teile den Beitrag: